Tampico 26ten August 1852
Lieber Bruder Ludwig,
Deine lieben Zeilen vom 18ten May sind mir wohl geworden, u ich ersah gerne daraus daß bey Euch alles so ziemlich beim Alten. - Gewundert habe ich mich indeßen zu vernehmen, daß deine Frau verspricht gegen Herbst Dich neuerdings zum Vater zu machen, wozu ich Glück wünsche. Auch meine Familie wird sich wahrscheinlicherweise im December vermehren, welches - aufrichtig gesprochen - mir gerade nicht lieb ist, denn mit der Vermehrung meiner Kinder, stellen sich auch neue Sorgen ein, u außerdem würde ich an den Meinen die ich besitze, schon genug haben; jedoch da ist sonst keine andere Alternative als: to take them as they come!
Von dem was zwischen Schwester Marie u Emilie sich ereignet, habe auch ich Manches gehört; indeßen meine Nachrichten kamen nicht von Marie, u so ging dann auch nicht daraus hervor daß die ganze Schuld auf Emilie hafte. Um richtig urtheilen zu können, muß man beide Theile vorher gehört haben! - Marie scheint mir überhaupt etwas very particular zu sein! So z. B. welch beleidigenden Unterschied kann sie darin finden, ob ich oder meine Frau ihr Nachricht von mir geben? Wenn ich meine Familien Correspondenz nicht selbst führe, so geschiehet es, weil es mir oft an Zeit dazu gebricht, u theils weil ich einen künftigen Sekretair an meiner Frau habe. - Solche niceties können mir gestohlen werden, u ich werde mich wenig darum bekümmern, wenn ich nach Deutschland zurückkehre, welches hoffentlich schon in nächstem Sommer der Fall sein wird.
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wird. - Ich habe nämlich den Entschluß gefaßt, gegen Ende dieses Jahres mein Etablißement aufzulösen, u gegen April oder May hoffe ich mit der Liquidation soweit vorgeschritten zu sein, daß ich mit Sack und Pack und Frau den Rückzug antreten kann. Mein Reiseplan ist bis jetzt noch unbestimmt, jedoch glaube ich daß meine route sein wird: New Orleans, Missisipi, Niagara, New York. Ob es einzurichten dir noch einen Besuch abzustatten, wird von Umständen abhängen, worüber ich mich zur gehörigen Zeit mit dir unterhalten werde. - Läßt es sich einrichten, so scheint mir daß es am Besten sey, mit meiner ganzen Familie in Washington [?] Mo. [/?] zu landen, mein altes Quartier daselbst zu beziehen u von da aus Euch zu besuchen, u Besuche von Euch zu empfangen. - Daß du nicht eingerichtet bist meine ganze Sippschaft zu beherbergen, weiß ich ja! auf die oben vorgeschlagene Weise, wird dir keine unnütze Schererey verursacht, u scheint mir überhaupt die einzige Art zu sein, wie jener Besuch ausgeführt werden kann. -
Die Handels Verhältniße Tampico's gestalten sich immer schlechter, ohne daß Aussicht auf baldige Beßerung vorhanden, u so ist [strikethrough] vo [/strikethrough] denn Zeit mich von hier zu entfernen, wenn ich das nicht wieder einbüßen will, was ich in vielen Jahren mit sauerm Schweiß verdient! - Um dem Wunsche meiner Frau nachzukommen, beabsichtige ich mich zuvoerderst in Bonn niederzulaßen. - Gefällt es mir daselbst nicht oder ist das Leben vertan zu Hause für meine Einkünfte /: welche in den Zeiten von meinem Capital bestehen :/ so ziehe ich weiter bis ich gefunden was ich suche! Valet, grüße alle von deinem Bruder
Julius
Transcribed by Barbara Baeuerle
Tampico August 26, 1852
Dear brother Ludwig,
your dear letter from May 18th did me well and I gathered from it that everything is pretty much as usual at your end. - However, I was surprised to hear that your wife promises to turn you into a new father yet again this coming fall, and I wish you good luck. My family, too, will probably expand in December which - to be honest - I am not happy about, because new sorrows arise with this proliferation of my family , and besides, I would be more than satisfied with the family that I already have; however, there is no other alternative than: to take them as they come!
I have heard some of what has happened between sister Marie and Emilie; yet I did not get my news from Marie, and thus it was not obvious that Emilie was to bear the whole brunt of it. In order to judge fairly you must have heard both sides before! Anyway, Marie seems to be somewhat very particular! For example, what offensive difference can she possibly see in the fact that either I or my wife send her news about me? If I do not carry out my family correspondence myself, it is because quite often I do not have the time to do so, and partly also because I have a future secretary in the person of my wife. - I cannot be bothered with such niceties and I will not care much about them once I return to Germany, which hopefully will already be the case next summer.
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that is to say, I have decided to dissolve my establishment towards the end of this year, and around April or May I hope to have made enough progress with its liquidation to be able to start my withdrawal with bag and baggage and wife. My travel route so far is still uncertain, however I believe that my itinerary will be as follows: New Orleans, Missisipi, Niagara, New York. It will depend on the circumstances whether it will be feasible to pay you a visit, and I will discuss this with you when the time is ripe. - If it can be done, I think it best to arrive in Washington [?[ Mo. [/?] with my whole family, to go back to my old quarters there and to visit you from there and to be visited by you. - I am well aware of the fact that you are not prepared to host all of my brood! If we follow the above mentioned suggestion, you will be spared any unnecessary trouble and it looks to me to be the only way in which this visit can be facilitated at all. - Tampico's trade relations are getting worse and worse, without any prospect for improvement, and thus it is time to depart from here, if I do not want to forfeit what I have gained here in many years with lots of sweat! To comply with my wife's wish, I intend to settle in Bonn for the time being. - If I do not like it there or if life at home is in vain concerning my income /: which at the moment consists of my capital :/ I will move on until I find what I am looking for! Farewell, give my regards to everybody from your brother
Julius
Translated by Barbara Baeuerle