Heidelberg, 3/8 1899.
Verehrtester Vetter,
Vor allem herzlichen Dank für die mir zu= gesandte Summe von 250 M.
Deinen Wunsch, eine Skizze der Vorgeschichte der Familie Hilgard bis dahin, wo mit den Söhnen des Mannheimer Pfarrers Jakob H. die ausgiebige Verzwei= gung beginnt, von mir, und zwar gleich im Druck, zu erhalten, konnte ich nicht umgehend ausführen. Denn einmal mußte ich mich erst durch Nachforschungen in Urkundenbüchern über die Entstehung der Ortsnamen Hil= gert auf dem Westerwald vergewissern, zumal da im westlichen Taunus noch ein Dorf Hilgart, allerdings nur auf einer ältern Karte, dazukam. Die Frage ist jetzt erledigt, nur über die Hilgertsmühle; die nur 3 Stunden von Walsdorf liegt, wo in der 2ten Hälfte des 16. Jahrh. Hilgart's gesessen haben, muß ich mir noch Aus=
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kunft holen. Zweitens klaffte eine große Lücke in dem Leben des Bosenheimer Pfarrers, der, 1717 geboren, erst seit 1774 dort amtierte. Wo der die 50 Jahre vorher gewesen, war vorläufig dunkel. Und ich habe die Em= pfindung, ehe man durch den Druck was festlegt, muß man nach Kräften Klarheit in die Sache gebracht ha= ben. Vor ein paar Tagen erst kam ich ihm auf die Spur, in der Heidelberger Universitätsmatrikel, wo er 1735 immatrikuliert ist, ebenso wie sein Sohn Jakob, der Mannheimer Pfarrer, der 1768 eingetragen ist und sich als Crucenacensis, Kreuznacher, bezeichnet. ( - Ein Chri= stof Hilgart aus Kreuznach ist schon 1591 als Student in Heidelberg eingetragen). Da wir eben wieder Ferien ha= ben, werde ich in ein paar Tagen nach Kreuznach fahren, wo der Gerhard Samuel also offenbar um 1750 herum Pfarrer war, und sehen, ob dessen erste Lebenshälfte klar= zulegen ist. - Dann werde ich die von Dir gewünschte Skizze in thunlichster Beschleunigung zum Druck bringen.
Hoffentlich befindest Du Dich mit den Deini= gen in erfreulichem Wohlsein. In meiner engsten Fa= milie sieht es in diesem Punkte nicht erfreulich aus, da
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Meta, schwer von Rheuma geplagt, auch von einem län= geren Badeaufenthalt in Wildbad keinen nennenswer= ten Erfolg hatte. Und bei ihrem lebhaften Naturell und Thätigkeitstrieb ist ihr eine solche durch körperliches Leiden auferlegte Hemmung doppelt empfindlich. Meiner Mutter aber geht es, abgesehen von ihrem Augen, offenbar recht gut, und meine Schwester Julie kam vor kurzem von längerem Aufenthalt in der Schweiz ordentlich strah= lend von Wohlbefinden und auch psychisch in vorzügli= cher Verfassung zurück. Für Dich werden die letzten Wochen eine reiche Fülle Erinnerungen und Rückblicke auf errungene Erfolge gebracht haben.
Ich denke bald in der Lage zu sein, weiteres von mir hören zu lassen. Mit der Bitte, Meta und mich Deiner liebenswürdigen Gattin bestens zu empfehlen und herzlichen Gruß Dir selber
Dein ganz ergebener Alfred Hilgard.