Kirchheim d. 26 Merz 1876
Liebe theure Schwester !
Dein l. letzter Brif welcher auf sehr
schönen Pappier & auch recht schön
geschriben war kam mich sehr sauer
zu lesen an. bitte dich deswegen vor
Allem liber auf dikeres Pappier &
mit schwarzer dinte zu schreiben
weil ich mich mit dem lesen zu sehr
anstrengen muß.
Daß Deine l. Paulin wider von Ihren
schweren Leiden genesen ist ist ein
wunder Gottes Ihn kann man nicht
genug Ehre & Dank darbringen daß
Er Euch das l. Kind wider geschenkt
hatt auch du l. Schwester warst selber
krank und durch die Hülfe des Herrn
wider geneßen & sogar von hinwendigen
Menschen das ist das allerwichtigste
daß wir sein vollkommenes
Eigentum werden & bleiben müßen
weil Er uns so theuer erkauft hatt
welche grose Liebe wir gar nicht verdint
hätten weil wir in ablegung der Sünde
immer widerspenstigkeit zeigen im anzihen
der Waffen des Geistes als da sind
Liebe, Freude, Fride, Geduld u. s. w. wie in den
man möchte doch im erwahltsein nicht
müde werden den man darf Ernten
ohne aufhören auch soll man nur
ganz einhaltig glauben wie es in
der Bibel steht den es sei Ales warheit
lese auch das Lid No 437 & 439. Dann
auch 29 zum Lob Gottes aus diesem
Gesangbuch wird auch im 1000 jährigen
Reich gesungen & ist unter der Leitung
Gottes so geschehen. Ja. Amen !
Daß die Julie so gefährlich krank
war ist mir recht nahe gegangen
u. ist recht lieb von dir daß du
sie untestutzt [unterstützt] hast den der Herr
spricht liebt eure Feind thut wohl
denen die Euch hassen u. s. w.
ich will Ihr nur wünschen daß
Sie auch noch zur Selbsterkentniß
kommen möchte weil sie so brav
& selbstgerecht ist Sie ist deswegen
sehr zu bedauern es thut mir
leid daß ich nichts für Sie thun
kann erstens ist es zu weit & zweitens
wär es zu wenig was ich thun
könnte ich habe eben kaum zum durch
kommen bin aber doch zufriden
[here the letter ends abruptly without a closing phrase or a greeting]
[German cancellation stamp] KIRCHHEIM u/TECK 27 MAR 1870