Wiesbaden, den 23ten Jan. 1926.
Lieber Neffe Eugen, liebe Lisbeth! –
Mit Bedauern haben wir [insertion:] aus [/insertion] Deinem Brief
vom 18. Jan. entnommen [insertion:] erfahren [/insertion], daß Euer lb. Helenchen
so schwer erkrankt ist & hoffen [insertion:] aber [/insertion], daß es dem Arzt
und Eurer guten Pflege gelingt, das Kind
gesundheitlich wieder vollständig herzustellen. Bei
Masern ja nicht zu schnell ins Licht, damit das Kind
nicht schielt & keine schwachen Augen behält. Nicht
wahr, Helenchen, Du gibst hübsch acht, sonst kannst
Du keine Klavier-Noten & auch keine andren
Noten lesen! Deine gute liebe Tante hat nämlich
eine große Überraschung für Dich!
Dir, Eugen, würde ich raten, jede Woche ein
elekt. Lichtbad in Landau zu nehmen, & späterhin
alle zwei Wochen & im Frühjahr & Sommer jeden
Monat. Dann & wann eine kalte Einpackung!
Das „harte Nüßchen“ [insertion:] Elisabeth [/insertion] braucht das Alles nicht &
kann
Dich & Helenchen gut pflegen; braucht aber das „Nüßchen“ ein Knacken [insertion:] auch eine Erholung [/insertion], so nehme es mit nach
Landau, schwitzt Euch tüchtig
aus & eßt [retracted:] dann [/retracted][insertion:] knackt [/insertion] einpaar [retracted:] Knack [/retracted] würstchen [insertion:] anstatt Nüsse [/insertion] mit Landauer Bier& die Krankheit ist geheilt und kehrt gesund & munter zurück
[insertion:] [underline*2] Zuletzt [/underline*2] [/insertion] Ein gegenseitiger [insertion:] Abschieds [/insertion] besuch ist bei dieser Witterung,& der Kürze der Zeit [insertion:]& andrer Umstände halber [/insertion] doch wohl ausgeschlossen.
Wir werden bei dieser Jahreszeit eine schlechte Überfahrt
haben, ja sogar eine gefährliche, hoffentlich brau=[insertion:] sonst würde ich rufen
„Auf Wiedersehen“ –
aber so heißt’s[/insertion] chen wir nicht zu sagen: „Wer weiß – ob wir
uns wiedersehen „!“
Es freut mich, daß Du ein guter Inspektor
unseres Familiengrabes sein willst & habe ich diesbezüglich
Herrn Walter Heusser in Kenntnis gesetzt.
Zwei von unsern Koffern & ein Handkoffer
bringen wir nach dem hiesigen Lagerhaus oder
Speicherei der Firma Jakoby; denn [insertion:] was würden selbst [/insertion] die Kofferwürden denken wir sind Koffer [insertion:] wenn sie [/insertion], wenn wir erst [retracted:] nochmals zurück [/retracted]
nach Knittelsheim schicken!? müßten!
Nächste Woche schicken wir Euch aber vier
Pappdeckelschachteln mit Kleidungsstücken &
Zeitschriften, wie Ihr aus einliegender
Liste ersehen könnt. [insertion:] [illegible].[/insertion]. Was Euch von diesen
Sachen nicht paßt, schenkt jemand anders;
[insertion:] damit Euch nicht der Gedanke kommt, daß wir auf Euch herabschauen [/insertion],
aber ich nehme an,
[insertion:] daß man [/insertion] auf dem Lande kann man die Kleidungsstücke noch
[insertion:] [inserted belowline] lange [/insertion]
[insertion:] [above] gut [/insertion] austragen kann.
Die Schachteln [insertion:]Nummer I II III IV[/insertion] wurden von Tante Emma
wieder hübsch schön verpackt & dafür könnt
Ihr die gute Tante mal wieder [insertion:] kränken [/insertion], ärgern
oder schlecht behandeln – nicht wahr?! Nach dem! Doch
alten Sprichwort: Undank ist der Welt Lohn
ich glaube, daß derartige Mahnungen nicht mehr
nötig sind; denn ich muß annehmen, daß Eure
Gefühle jetzt gereinigt sind & derartige Dinge
doch nicht mehr vorkommen könnten.
Von den alten Möbelstücken brauchte ich für
spätere Einrichtungen nur: das alte Klavier,
den runden Tisch mit Stühlen, den Schrank, das [insertion:] gelbe [/insertion] Bett (gelb)
und die Kommode, wenn Du dieselbe bekommen hast.
Die [insertion:][aboveline] Alle von diese Stücke waren früher gelb angestrichen [/insertion]
Die ganz alten Möbel [insertion:] [belowline] namentlich Bette [/insertion] kannst Du ja verkaufen
besonders wenn schon der Wurm eingesetzt hat.
[insertion:] damit Du Dein Transport Geld heraus bekommst, [/insertion]
Solltest Du aber die Gegenstände behalten, so mußt Du
sie in ein Zimmer stellen, alle Ritzen in Türen &
Fenster verstopfen & Blausäure oder andere Gase
im Zimmer verbrennen [insertion:] um [/insertion] alle Bakterien zu vernichten.
In der Apotheke zu Landau kannst Du hierüber Auskunft
erhalten. Etwaige Strohunterbette verbrenne sofort.
[insertion:] Zuletzt [/insertion] Tante Emma hat einliegend noch eine
andere Überraschung – also erschreckt nicht!!!
Indem wir nun hoffen, daß Euer Helenchen
bald ganz gesund ist & die Klavierstudien aufnehmen
kann & daß es auch Euch gesundheitlich wohl ergeht
grüßen Euch Onkel & Tante
Eugen & Emma Klee
Wiesbaden
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